Zufrieden zu sein ist manchmal schwieriger als glücklich zu sein. Zufriedenheit ist zwar ein weitaus milderer Gefühlszustand als die berühmten Glücksgefühle, braucht aber dafür umso mehr Beständigkeit und kann nur in einem langfristigen Zeitraum erreicht werden, der Kontinuität, Entschlossenheit und Durchhaltevermögen vorraussetzt. Glück hingegen ist schnelllebig, wir finden es in den verschiedensten Situationen, die meist aus dem alltäglichen Dahingleiten hervorstechen. Und so suchen wir ständig nach dem Glück und vergessen dabei, dass die Grundlage für Glück Zufriedenheit ist. Was benötigen wir also für wirkliche Zufriedenheit?
CONTENT in diesem Artikel:
- Wieso es manchmal nicht schlecht ist sich anzupassen
- Kollektives Bewusstsein: Wieso es wichtig ist, sich immer wieder zu fragen, ob man immer noch die selben Bedürfnisse hat
- Wieso das Gefühl von Sicherheit so wichtig für innere Zufriedenheit ist
- Wieso wir uns Dinge erlauben dürfen – und müssen
Eigentlich will ich einfach nur ankommen. Mich zuhause fühlen. Doch stattdessen bin ich getrieben von dem Drang, die eine Sache zu finden, die zu mir passt. Ständig möchte ich immer mehr und mehr, neue Reize, andere Strukturen. Was für mich gestern noch nach revolutionärer Zukunftsmusik klang, ist morgen schon wieder ein alter Schlager. Die Hippies sind mir zu alternativ, die Rohköstler zu gesundheitsfanatisch, die Veganer zu provokant, die urbanen Szenemenschen zu egozentrisch, die Dorfbewohner zu konservativ, die Spirituellen zu tiefgründig, die Sportfanatiker zu oberflächlich, die digitalen Nomaden zu Hipster, die Ökofreaks zu ablehnend gegen jegliche Modernisierung und der Mainstream – zu mainstream. Die Liste ist wohl unendlich. Und am Ende bleibt nur noch ein ganz kleiner Teil übrig, mit dem ich mich wirklich identifizieren kann. Früher fiel es mir oft schwer, mich in einer Gruppe richtig wohl zu fühlen, ich habe mich nie wirklich dazugehörig gefühlt, versuchte mich anzupassen.
Anpassung macht das Leben leichter
Anpassung ist nicht nur vorteilhaft um nicht ständig anzuecken und sich für seine unkonventionellen Handlungen nicht überall rechtfertigen zu müssen, sondern nimmt einem auch viele Entscheidungen ab. Durch das Verfolgen bestimmter ungeschriebener Gesetze innerhalb einer Gruppierung muss man nicht mehr so oft nachdenken, ob man etwas gut oder schlecht findet, ob man etwas will oder nicht. Dementsprechend kann man – sowohl sich selbst als auch anderen – schneller erklären, WER man ist. Oder zumindest wen man darstellen möchte. Das macht vieles einfacher. Es wird einem bereits von anderen vorgelebt, wie man selbst zu leben hat. Manipulation findet nicht nur in den Massenmedien statt und Einheitsbrei existiert nicht nur in der „normalen Gesellschaft“, der viele Querdenker den Rücken kehren.
Ist das noch MEINE Überzeugung?
Kollektives Bewusstsein, also eine universelle Meinung innerhalb einer bestimmten Gruppe, findet überall statt und kann Fluch und Segen zugleich sein. Oft entfernen wir uns zu sehr von unserer eigenen Überzeugung indem wir durch den Wunsch nach Zugehörigkeit blind einer Gruppenüberzeugung folgen und lassen uns unbewusst manipulieren. So funktioniert der Mensch nunmal. Doch dieses Thema ist ein weiterer unendlich großer Bereich und verdient einen eigenen Blogartikel. Jedenfalls – auch dieses Verhalten ist nicht grundsätzlich schlecht. Gruppenzugehörigkeit ist meines Erachtens extrem wichtig um sich selbst identifizieren zu können. Um anzukommen. Um zufriedener zu werden und sich dadurch auch sicherer zu fühlen. Und um zu erkennen was man will und was man nich will. Probieren geht über studieren.
Wer ist dein Versicherungsvertreter?
Das Gefühl von Sicherheit ist neben Gruppenzugehörigkeit ein weiterer wichtiger Aspekt um Zufriedenheit zu erlangen. Sicherheit findet man in vielen Dingen. Da gibt es die Sicherheit durch finanzielle Rücklagen, durch einen Job, aber auch durch einen Lebenspartner, durch das Gründen einer Familie, oder eben durch das Dazugehören einer bestimmten Gruppe beziehungsweise eines bestimmten Lifestyles. Alles sind materielle Institutionen, die dir äußere Sicherheit verschaffen. Durch das Absichern mit äußeren Dingen macht man sich natürlich auch abhängig. Sollte eine dieser Versicherungen wegfallen, wird es spannend. Dann nämlich kann man entweder panisch versuchen, sich eine andere materielle Versicherung zu suchen beziehungsweise die verlorengegangene wieder aufzubauen, oder man kann einzig und allein sich selbst vertrauen, auf seine innere Stärke – und dass alles was wir brauchen schon in uns ist und wir gänzlich davon zehren können. Letzteres finde ich unheimlich wichtig und die Grundlage für jegliche Veränderung. Doch können wir uns wirklich SO stark transformieren, so dass wir nichts mehr außer uns selbst benötigen, um zufrieden zu sein? Ich denke nicht. Keine Therapie, kein Workshop, kein Selbstheilungsprozess, kein Erleuchten der Welt könnte uns zu einem Lebewesen machen, das in einem in sich geschlossenen Kreislauf funktioniert. Übertrieben ausgedrückt: Ohne die Luft um uns könnten wir nicht überleben. In bestimmten Lebensphasen in denen alles drunter und drüber geht und mir der Boden unter den Füßen weggezogen wird, macht mir diese Abhängigkeit zwar Angst, aber letztendlich ist es auch beruhigend zu wissen, dass wir nicht komplett auf uns alleine gestellt sind und Fehler kein Weltzusammenbruch sind. Ganz im Gegenteil.
Wir dürfen alles. Ja. ALLES.
Wir dürfen auch mal versagen, falsch liegen, etwas nicht wissen, keine Lösung parat haben, verschiedene Schubladen ausprobieren, uns die Dinge dort herausnehmen, die uns weiterhelfen und im Gegenzug auch andere Dinge wieder hineinlegen, die für uns ausgedient haben und über die sich jetzt andere Menschen freuen. Es ist ok den Mainsteam scheiße zu finden, sich in andere Welten zu stürzen und dann festzustellen, dass nicht alles doof, oberflächlich und langweilig ist, was in der „normalen Gesellschaft“ den Ton angibt. Das Leben ist ein ständiger Austausch. Und ein steter Balanceakt. Jede Fläche ist wichtig. Sowohl die Oberfläche als auch die Unterfläche (ich sollte dieses Wort definitiv als offiziellen Begriff einführen). Jeder Teil in uns will gehört und gepflegt werden. Anzukommen bedeutet nicht, das zu finden, was einen bis an sein Lebensende erfüllt, sondern im gegenwärtigen Moment zu sein (jaaaa ich weiß, schon wieder die gleiche Leier.) Nur dann erlangen wir einen Zustand von Zufriedenheit.